Unsere neue Mitarbeiterin: Wortakrobatin Brunella Seidl

Matthias Reichhart
vor 1 Jahr4 min. Lesezeit

Beim Zukunftswerk treffen unterschiedlichste Menschen aufeinander, um an gemeinsamen Projekten zu arbeiten. Verschiedene Talente und Expertisen kommen hier zum Einsatz. Eine dieser Begabungen ist es, die richtigen Worte zu finden. Das kann Brunella Seidl besonders gut und schreibt bei uns die Nachhaltigkeitsberichte. Wer sie ist und wie sie zu uns gekommen ist, steht im Interview.

Brunella, die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung betrifft in Zukunft eine größere Anzahl an Unternehmen. Für dieses Thema bist Du im Zukunftswerk zuständig. Wie bist Du zu dieser Aufgabe gekommen?

Durch meine gute Freundin und mittlerweile Kollegin Eva. Ich kann mich noch gut an einen viel zu heißen Sommer in ihrem Garten erinnern. Wir brüteten beide über unseren Abschlussarbeiten an unterschiedlichen Universitäten, schwitzten so vor uns hin und tauschten uns zwischendurch über unsere jeweiligen Themen aus. Ich verfasste etwas über Feminismus und Frauenbilder, Evas Masterarbeit handelte von der Inwertsetzung von Ökodienstleistungen des Waldes. Damals war Eva bereits als Werkstudentin für Zukunftswerk tätig und ihre Erzählungen weckten mein Interesse für Nachhaltigkeit. Da ich gerne und gut schreibe, bewarb ich mich einfach und fand meine Nische in der Nachhaltigkeitsberichterstattung.

"Wenn ich mit Freunden und Freundinnen, Familienangehörigen etc. am Ammersee spreche, merkt man schnell, dass das Streben nach einer nachhaltigen Lebensweise ein intrinsisches ist. Man achtet auf sich und auf das Außen, alle kaufen Gemüse an lokalen Märkten und wer bis heute kein E-Bike besitzt, ist schon mal kategorisch out. Das hat aber natürlich auch etwas mit Privileg zu tun."

Brunella Seidl

Das Spiel mit Worten liegt Dir im Blut. Um diese Tätigkeit professionell ausführen zu können, hast Du eine umfangreiche Ausbildung absolviert. Dürfen wir Dich bitten, Deinen Werdegang zu skizzieren?

Zunächst wusste ich einmal gar nicht, was nach meinem Abitur passieren sollte. So geht es vermutlich, oder naja hoffentlich, vielen. Da ich zweisprachig aufgewachsen bin, entschied ich mich für einen Translationsstudiengang in Wien und vertiefte meine Sprachkenntnisse in Französisch, Englisch und Italienisch. Nach einer Zeit merkte ich jedoch, dass mir die Substanz fehlte und ich nicht nur Texte von anderen übersetzen, sondern auch selbst kreativ werden wollte. Deshalb erfolgte der Umzug nach München und das kommunikationswissenschaftliche Studium an der LMU. Zwischendurch habe ich für ein Redaktionsbüro in der Au arbeiten dürfen und schrieb unter anderem für das SZ Stil Leben. Bevor es bei Zukunftswerk für mich losging, war ich in einer Kommunikationsagentur tätig und verfasste dort Texte für diverse Unternehmen.

Das Thema Nachhaltigkeit wird in verschiedenen Ländern unterschiedlich gelebt. Du wohnst in Rom und in Deutschland am Ammersee. Welche Unterschiede fallen Dir hier auf?

Das Bewusstsein ist ein komplett anderes. Wenn ich mit Freunden und Freundinnen, Familienangehörigen etc. am Ammersee spreche, merkt man schnell, dass das Streben nach einer nachhaltigen Lebensweise ein intrinsisches ist. Man achtet auf sich und auf das Außen, alle kaufen Gemüse an lokalen Märkten und wer bis heute kein E-Bike besitzt, ist schon mal kategorisch out. Das hat aber natürlich auch etwas mit Privileg zu tun. Wenn ich in den Süden Italiens blicke, fehlt hier einfach die öffentliche Struktur, wobei die Müllentsorgung wahrscheinlich das größte Problem darstellt. Ich habe oft das Gefühl, dass es zu viele andere Baustellen gibt und die Medien alle zu abhängig sind, sodass das Bewusstsein für nachhaltige Themen eher zweitrangig bleibt. Vor langer Zeit habe ich mal in einem Buch gelesen, dass „Rom wie eine desolate Diva“ sei, die sich „ihr Weltkulturerbe verschandeln ließe“. Ich finde, das passt – leider – ganz gut.

Schreiben gehört zu Deinen Leidenschaften. Was machst Du, um den Kopf freizubekommen?

Laufen. Also spazieren gehen. Ich renne durch die Gegend, gucke, atme. Das mag furchtbar pathetisch klingen, aber man muss sagen, dass sich die „desolate Diva“ dafür auch am besten eignet. Oder zum Essen gehen und Museumsbesuche, da ist sie auch ziemlich gut drin. Wenn mir das nicht reicht, höre ich Podcasts, gehe ins Kino oder fahre raus ans Meer.