Aktion Zukunft+ – Landkreis München kombiniert regionalen und internationalen Klimaschutz

Matthias Reichhart
vor 11 Monaten6 min. Lesezeit

Klimaschutzprojekte im Landkreis München und weltweit gemeinschaftlich finanzieren: Das ist das Ziel der Aktion Zukunft+, die vom Landkreis München in Kooperation mit der Energieagentur Ebersberg-München initiiert wurde und im Frühjahr 2023 startet. Wir haben uns mit Dr. Julia Huber von der Energieagentur unterhalten, was es mit dem Projekt auf sich hat.

Liebe Julia, kannst Du uns das Projekt Zukunft+ in ein paar Sätzen beschreiben?

Die Aktion Zukunft+ ist ein Werkzeug, um den Klimaschutz im Landkreis München und weltweit gemeinschaftlich mittels Spenden-Crowdfunding zu finanzieren. Bürgerinnen und Bürger, genauso wie Unternehmen, Organisationen und Kommunen, können sich mit einer Spende für Klimaschutzprojekte einsetzen und zeitgleich ihren CO2-Fußabdruck ausgleichen. Das geschieht durch den Erwerb von sogenannten Zukunft+ Zertifikaten für je 20 €. Dabei fließen die Gelder, nach dem Abzug eines Verwaltungsanteils, zu gleichen Anteilen in Projekte des Landkreises und in Projekte des globalen Südens. Klimaschutzprojekte im globalen Süden werden durch verifizierte Emissionsminderungszertifikate, sogenannte CO2-Zertifikate, finanziert, wodurch auch eine Kompensation der eigenen, unvermeidbaren Restemissionen mittels Zukunft+ Zertifikaten möglich ist.

Die Bürgerinnen und Bürger haben sicherlich die unterschiedlichsten Wünsche, wie ihr Geld im Projekt Zukunft+ eingesetzt werden sollte. Gibt es hier ein Mitspracherecht?

Das gibt es definitiv. Spender:innen entscheiden selbst, in welche Projekte ihre Spende fließen soll und welchen Herzensprojekten sie damit zur Umsetzung verhelfen. Man kann sich auf der Homepage über die Projekte und ihre Klimaschutzwirkung sowie deren Zusatznutzen für andere Bereiche der Nachhaltigkeit informieren.
Bei den globalen Projekten können drei Förderschwerpunkte ausgewählt werden: Erneuerbare Energien, Wald und Projekte in und mit der Bevölkerung. Dahinter stecken dann verschiedene zertifizierte Projekte des freiwilligen Emissionsmarkts, die ebenfalls auf der Homepage beschrieben werden.
Bei den lokalen Projekten möchten wir ein Portfolio anbieten, das verschiedene Bereiche abdeckt, etwa innovative Energietechnologien, neue Mobilitätsmodelle oder fortschrittliche Ansätze für die Land- und Forstwirtschaft. Aber auch Projekte für eine nachhaltige Bildung können gefördert werden, sofern eine CO2-Reduktion durch die geförderte Maßnahme quantifiziert werden kann. Die Energieagentur selbst entwickelt dabei mit möglichen Umsetzer:innen Projekte. Wir hoffen aber vor allem auf viele Ideen und Vorschläge aus der Öffentlichkeit. Denn besonders an der Aktion Zukunft+ ist auch, dass die Kommunen des Landkreises sowie Organisationen, Unternehmen und private Initiativen ihre Klimaschutzprojekte, denen eine nötige Finanzierung fehlt, für das Spenden-Crowdfunding einreichen können.

"Ein Zukunft+ Zertifikat steht durch das hinterlegte CO₂-Zertifikat aus den internationalen Projekten für eine Tonne eingespartem CO₂. Ganz wichtig dabei ist, dass die CO₂-Kompensation allein nicht ausreichend ist, um das Problem des Klimawandels zu lösen."

Dr. Julia Huber

Hier gibt es sicherlich ein paar Zweifler:innen, ob das Geld bei den internationalen Projekten ankommt. Wer stellt sicher, dass das Geld seinen Bestimmungsort erreicht und vernünftig eingesetzt wird?

Wir kaufen nur zertifizierte CO2-Zertifikate bei vertrauenswürdigen und etablierten Dienstleistern, wie dem Zukunftswerk ein. Für den eigentlichen Erfolg der Klimaschutzprojekte sind dann zum einen die Projektumsetzer:innen verantwortlich. Zum anderen bietet auch der Standard, unter dem das Projekt zertifiziert ist, eine Garantie. Um die entsprechenden Zertifizierungen zu erhalten, müssen die Initiator:innen bei der entsprechenden Zertifizierungsstelle, z. B. Gold Standard oder Verra, umfangreiche Unterlagen einreichen, die daraufhin von externen Dritten, wie z. B. dem TÜV, geprüft werden. Grundsätzlich kaufen wir auch nur Zertifikate, die verifiziert wurden, bzw. die CO2-Einsparung bereits belegbar erfolgt ist.

Können Unternehmen sich Projekt Zukunft+ beteiligen?

Unternehmen können sich beteiligen, indem Sie das Zukunft+ Zertifikat erwerben. Unternehmen müssen aber bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Sie müssen den Prinzipien des UN Global Compact zustimmen und dürfen nicht in bestimmten Geschäftsbereichen direkt involviert sein, etwa der Rüstungs- oder Atomindustrie.
Die Höhe des Beitrags kann beispielsweise an der Höhe der vom Unternehmen jährlich ausgestoßenen Treibhausgasemissionen ausgerichtet werden und diese damit kompensieren. Ein Zukunft+ Zertifikat steht durch das hinterlegte CO₂-Zertifikat aus den internationalen Projekten für eine Tonne eingespartem CO₂. Ganz wichtig dabei ist, dass die CO₂-Kompensation allein nicht ausreichend ist, um das Problem des Klimawandels zu lösen. Deshalb sollten nur die nicht vermeidbaren Emissionen für den Ausgleich durch Zukunft+ Zertifikate infrage kommen. Unsere Leitlinie lautet: Vermeiden, reduzieren und erst dann kompensieren. Zuletzt können auch Unternehmen Projekte einreichen, wenn das Vorhaben nicht wirtschaftlich bzw. die finanzielle Zusätzlichkeit garantiert ist.

Die Energieagentur Ebersberg-München ist Kooperationspartner des Projekts. Was wäre Dein Wunsch für die Zukunft des Klimaschutz im Landkreis München?

Ziel des Landkreises ist, die Pro-Kopf-Emissionen bezogen auf das Jahr 2010 bis 2030 um 54 % zu reduzieren. Und das durch die Förderung Erneuerbarer Energien, durch mehr Effizienz und Suffizienz. Ich wünsche mir, dass wir alle dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen. Dabei sind eben auch alle gefragt: Die Kommunen, die Unternehmen, die Organisationen und die Privatpersonen. Die Energieagentur setzt sich durch ihre vielfältigen Tätigkeiten, wie der Beratung und Entwicklung von Lösungen, für die Energiewende im Landkreis ein. Und auch die Aktion Zukunft+ bietet eine Möglichkeit zur dringend nötigen Beteiligung am Klimaschutz. Und das eben nicht nur, indem Restemissionen durch Zukunft+ Zertifikate ausgeglichen werden – sondern eben auch durch das Voranbringen von Maßnahmen, die den eigenen CO₂-Fußabdruck so weit wie möglich reduzieren.

Die Aktion Zukunft+ kann da meiner Meinung nach auf verschiedenen Ebenen viel erreichen: Zum einen kann jeder aktiv werden und Ideen einreichen, die die Zukunft klimafreundlicher machen und auch noch bei einem selbst zu Hause erlebbar sind. Das kann auch Nachahmer:innen motivieren. Diese Projekte sind zudem gemeinschaftlich finanziert. Das schafft das Bewusstsein und die Motivation, dass man im Kollektiv auch mit einem kleinen Spendenbeitrag viel bewirken kann. Und die Aktion Zukunft+ möchte explizit auch Bildungsprojekte fördern bzw. Projekte, die auf die Verhaltensänderung von Menschen abzielen, indem sie Bewusstsein für klimafreundliches Handeln schaffen. So sollen auch Menschen erreicht werden, die vielleicht noch nicht so viele Berührungspunkte mit aktivem Klimaschutz und möglichen Maßnahmen hatten.