Zwischen den Repräsentierten – dem Volk, von dem nach Artikel 20 des Grundgesetzes alle Staatsgewalt ausgeht – und den politischen Repräsentanten in Parlamenten und Regierungen hat sich eine Vertrauenslücke aufgetan. Misstrauen und Proteste gegen Planungen und Entscheidungen von Politik und Verwaltung nehmen im gleichen Maße zu wie die Wahlbeteiligung ab. Doch Bürger können mehr als wählen, abstimmen oder protestieren. Sie verfügen über vielfältige Kompetenz der unterschiedlichsten Art. Wenn Planungen und Entscheidungen zugute kommt, was Bürger können, schrumpft die Vertrauenslücke.
Deshalb hat die Stiftung Zukunft Berlin vergangene Woche anlässlich der Veröffentlichung einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap mehr Möglichkeiten zur bürgerlichen Mitverantwortung gefordert (die vollständigen Studienergebnisse können Sie hier herunterladen).
Wie kann das funktionieren?
Bürgerschaftliche Mitverantwortung erfordert eine neue Art der Zusammenarbeit zwischen Bürgern und Entscheidern im Prozess der Entscheidungsvorbereitung. Natürlich sollen demokratisch geregelte Entscheidungsbefugnisse, die sich bewährt haben, bestehen bleiben. Jedoch müssen Politik und Verwaltung ein völlig neues, qualitativ höheres Maß an Offenheit aufbringen, um mehr Transparenz, Verbindlichkeit und Verlässlichkeit in eine partnerschaftliche, Zusammenarbeit „auf Augenhöhe“ zu erreichen
Diese Art bürgerschaftlicher Mitverantwortung braucht, um reale Wirkung zu haben und ernst genommen zu werden, klare Grundsätze und Verfahrensregeln. Auf diese müssen alle Beteiligten – Bürger, Politik und öffentliche Verwaltung – sich verpflichten. Es geht um eine neue Kultur der Zusammenarbeit.
Zehn Grundsätze hat eine Arbeitsgruppe in der Stiftung Zukunft Berlin formuliert:
(KT)
Wie kann das funktionieren?
Bürgerschaftliche Mitverantwortung erfordert eine neue Art der Zusammenarbeit zwischen Bürgern und Entscheidern im Prozess der Entscheidungsvorbereitung. Natürlich sollen demokratisch geregelte Entscheidungsbefugnisse, die sich bewährt haben, bestehen bleiben. Jedoch müssen Politik und Verwaltung ein völlig neues, qualitativ höheres Maß an Offenheit aufbringen, um mehr Transparenz, Verbindlichkeit und Verlässlichkeit in eine partnerschaftliche, Zusammenarbeit „auf Augenhöhe“ zu erreichen
Diese Art bürgerschaftlicher Mitverantwortung braucht, um reale Wirkung zu haben und ernst genommen zu werden, klare Grundsätze und Verfahrensregeln. Auf diese müssen alle Beteiligten – Bürger, Politik und öffentliche Verwaltung – sich verpflichten. Es geht um eine neue Kultur der Zusammenarbeit.
Zehn Grundsätze hat eine Arbeitsgruppe in der Stiftung Zukunft Berlin formuliert:
- Bürgerschaftliche Mitverantwortung muss man ernsthaft wollen.
Das gilt für alle Beteiligten und für alle Teile eines Planungs- und Entscheidungsprozesses. - Die Beteiligung muss den Bürgern nützen.
Auch Eigeninteresse muss als ein maßgebliches Motiv für die Einmischung in eigene und öffentliche Angelegenheiten geachtet werden. Es fördert das Bewusstsein für den Zusam- menhang von allgemeinen und eigenen Angelegenheiten; auch bei bildungsfernen Bürgern. - Es muss klar sein, worum es geht.
Alle Beteiligten müssen dieselbe Definition des Anlasses und der zu entscheidenden Fra- gen teilen. Auch muss geklärt sein, welchen politischen und administrativen Vorlauf es etwa gibt und welche Entscheidungen im Vorfeld evtl. bereits getroffen wurden. Alle Beteiligten müssen vor Beginn des Verfahrens Klarheit haben, auf welche Weise die Ergebnisse im politischen Prozess weiter verarbeitet werden. Das „Versprechen“ des Verfahrens muss klar und realistisch sein. - Am Anfang steht die Verständigung über Fakten.
Alle am Verfahren Beteiligten müssen sich vorab über Daten und Fakten verständigen, notfalls unter Beteiligung eines neutralen Dritten. - Die Auswahl der Mitwirkenden muss begründet sein.
Welche Bürger zu beteiligen sind – von „Betroffenen“ bis zu „Kompetenten“ – hängt vom Anlass und der Art des Verfahrens ab. Die Zusammensetzung des Kreises der mitwir- kenden Bürger muss begründet sein. Ihre Motivation – von persönlicher Betroffenheit bis zu Interesse am Gemeinwohl – sollen die Beteiligten offenlegen. - Die politisch und administrativ Zuständigen müssen mitwirken.
Die Zuständigen müssen sich an dem Mitwirkungsverfahren verbindlich und persönlich beteiligen. Dazu muss vorab festgestellt werden, wer in Politik und Verwaltung sowie gegebenenfalls auf privater Seite die zuständigen Entscheider sind. - Die Art der Mitwirkung muss angemessen, die Steuerung des Verfahrens neutral sein.
Vorab muss gemeinsam ein Format festgelegt werden, das dem konkreten Fall angemes- sen ist – eine Frage von Professionalität und „gutem Handwerk“. Über die Steuerung des Verfahrens muss Einvernehmen hergestellt werden. - Das Verfahren ist kooperativ, nicht konfrontativ.
Das erfordert Bereitschaft zur Kooperation, Fairness und gegenseitige Offenheit für andere Positionen. Das Mitwirkungsverfahren muss darauf angelegt sein, gemeinsam Lösungen für ein Problem vorzubereiten und so auch Respekt vor der später zu treffenden Entschei- dung zu erzeugen. - Das Verfahren ist öffentlich.
Bürgerschaftliche Mitwirkung lebt von der Transparenz. Es muss festgelegt werden, in welcher Weise das Verfahren vor aller Öffentlichkeit stattfinden bzw. öffentlich gemacht werden soll. Neue Formen der Partizipation im Internet sind zu prüfen. - Bürger bleiben nach Abschluss des Vorhabens beteiligt.
Es muss festgelegt werden, wie die Bürger, wenn das Vorhaben zu einer Entscheidung gebracht worden ist, auch nachträglich einbezogen bleiben. Mindestens sollten die Ent- scheider über den Entscheidungsprozess Rechenschaft ablegen.
(KT)