Zukunftswerk hat über einen anderen Kompensationsanbieter vertraulich Einsicht in eine der Abmahnungen erhalten. Da auch eine Reihe unserer Kunden ihre CO2-Emissionen berechnen und ausgleichen, nehmen wir zu diesem Vorgang wie folgt Stellung:
1.) Wir halten es für bedauerlich, dass der Verein in Zeiten, in denen sich die Erkenntnis breit macht, dass Klimaschutz das Gebot der Stunde ist, ausgerechnet die Unternehmen angreift, die einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Wir halten diese Aktion für überflüssig, enttäuschend und destruktiv.
2.) Wir entnehmen der Abmahnung, die wir einsehen durften, dass der Verein keine bzw. keine fundierten Kenntnisse von den Mechanismen rund um die Berechnung von CO2-Emissionen und den freiwilligen Emissionsausgleich hat. Wir vermuten, dass der Verein die Konzepte „Klimaneutralität“ und „Emissionsneutralität“ verwechselt.
3.) Auch wenn im Wettbewerbsrecht der Maßstab für die Bewertung umweltbezogener Aussagen der uninformierte Bürger ist, sollte sich auch bei weniger informierten Personen mittlerweile ein rudimentäres Verständnis von der Kompensation von CO2-Emissionen eingestellt haben. Da im Wettbewerbsrecht das jeweils entscheidende Gericht ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber befinden kann, ob eine umweltbezogene Aussage von den Adressaten der jeweiligen Botschaft richtig oder falsch verstanden wird, sehen wir mit Spannung den Entscheidungen der jeweiligen Gerichte entgegen, die sich nun mit den Klagen des Vereins befassen müssen. Wir wünschen den Beklagten hierbei viel Erfolg!
4.) Soweit wir Einblick in eine der Abmahnungen hatten, lag dem beanstandeten Fall eine Produktkennzeichnung zu Grunde, bei der das Produkt auf der Verpackung mit dem Attribut „klimaneutrale Herstellung“ versehen wurde. Dieser Hinweis war mit einem Sternchen versehen, der zu einem Link führte. Der Link wiederum verwies auf die Website des Herstellers, auf der er genau erläutert, mit welchen Zertifikaten der CO2-Emissionsausgleich herbeigeführt wurde. Der Verein hat diese Trennung zwischen der Kennzeichnung „klimaneutral“ und den dahinter stehenden Erläuterungen als nicht ausreichend angesehen.
5.) In der Abmahnung hat der Verein unter anderem ausgeführt, dass die Klimaschutzprojekte in Asien und Südamerika nichts mit der Herstellung der Produkte zu tun hätten. Diese Aussage nährt den Verdacht, dass man bei dem Verein das Konzept des Emissionsausgleichs tatsächlich nicht verstanden haben dürfte.
6.) Unabhängig davon, dass nicht nur Wikipedia, sondern zahlreiche Akteure und mittlerweise selbst Bundes- und Landesbehörden in Deutschland für Vorgänge, deren CO2-Emissionen berechnet und mit Zertifikaten aus Klimaschutzprojekten ausgeglichen wurden, den Terminus „klimaneutral“ verwenden, empfehlen wir unseren Kunden und Partnern, bis zur Entscheidung dieser Angelegenheiten den Begriff „klimaneutral“ behutsam und nicht mehr isoliert auf Produkten oder Websites zu verwenden. Statt dessen empfehlen wir, vorläufig von „Klimaneutralität durch Kompensation“ oder von „CO2-Emissionsausgleich“ zu sprechen. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Abmahnindustrie künftig auch an diesen Begriffen abarbeitet. Für den Moment könnte das aber das Problem lösen.
7.) Wir würden es sehr begrüßen, wenn das Umweltbundesamt und/oder das Bundesumweltministerium in den Fällen, die nun gerichtlich entschieden werden, eine Stellungnahme an die mit der Entscheidung betrauten Gerichte senden würden und auf ihren Seiten eine Stellungnahme zu diesen Vorgängen veröffentlichen oder die beklagten Unternehmen aktiv unterstützen würden.
Alexander Rossner
Rechtsanwalt, Vorstand Zukunftswerk eG