"Kann man sich den Kapitalismus abgewöhnen?" war der verheißungsvolle Titel der Rede von Elmar Altvater anlässlich der Auftaktveranstaltung zum Münchner Klimaherbst im Alten Rathaus der Stadt München am 7. Oktober 2014. Das ist insofern bemerkenswert, als der Kapitalismus damit als Droge dargestellt wird, deren individuelle Abhängigkeit des Einzelnen es zu überwinden gilt.
Folgerichtig beginnt Altvater seine Rede mit einer Anamnese - und spannt dabei einen ganz großen Bogen: Erich Fromms Haben oder Sein? ist dabei nur der Ausgangspunkt einer Reise, die uns im weiteren Verlauf über Meister Eckhart zurück bis ins Holozän führen sollte. Die wichtige Feststellung, dass es des kollektiven, politischen Handelns bedürfe, um den Kapitalismus zu überwinden, trifft Altvater gleich zu Beginn seiner Rede.
Es sieht nicht gut aus
Altvater setzt sich mit der Darstellung des Status Quo auseinander, den er zutreffend und präzise beschreibt. Der erste Bericht an den Club of Rome aus dem Jahre 1972 (Die Grenzen des Wachstums) führt zwangsläufig zu Jorgen Randers neuem Bericht an den Club of Rome, in dem nicht nur die Grenzen des Wachstums, sondern auch die Grenzen des Kapitalismus selbst aufgezeigt werden. Die zutreffende Feststellung Altvaters ist: Es sieht nicht gut aus auf unserem Planeten.
Folgerichtig beginnt Altvater seine Rede mit einer Anamnese - und spannt dabei einen ganz großen Bogen: Erich Fromms Haben oder Sein? ist dabei nur der Ausgangspunkt einer Reise, die uns im weiteren Verlauf über Meister Eckhart zurück bis ins Holozän führen sollte. Die wichtige Feststellung, dass es des kollektiven, politischen Handelns bedürfe, um den Kapitalismus zu überwinden, trifft Altvater gleich zu Beginn seiner Rede.
Es sieht nicht gut aus
Altvater setzt sich mit der Darstellung des Status Quo auseinander, den er zutreffend und präzise beschreibt. Der erste Bericht an den Club of Rome aus dem Jahre 1972 (Die Grenzen des Wachstums) führt zwangsläufig zu Jorgen Randers neuem Bericht an den Club of Rome, in dem nicht nur die Grenzen des Wachstums, sondern auch die Grenzen des Kapitalismus selbst aufgezeigt werden. Die zutreffende Feststellung Altvaters ist: Es sieht nicht gut aus auf unserem Planeten.
Altvater betreibt Ursachenforschung und sieht zwei Hauptursachen für die Entwicklung, die wir genommen haben: Eine der beiden Ursachen führt uns 11.700 Jahre zurück in der Zeitgeschichte, bis hin zu dem Moment, in dem der Mensch sesshaft wurde und im weiteren Verlauf fortschrittlich genug war, um Werkzeuge zu erfinden, die nicht nur zur Schaffung des Eigentums führten, sondern auch zu einem Wachstum, das von der Leistung der eigenen Körperkraft erstmals entkoppelt werden konnte. Das Haben entsteht - und in der Folge auch das Nichthaben.
Das ewige Leben des Kapitalismus
Eine weitere, wesentliche Ursache wird nach Altvater deutlich später gesetzt - und zwar als zweite Revolution, die durch die Nutzung fossiler Energieträger ermöglicht wird: In Verbindung mit Eigentum entsteht nun durch die Verfügungsmacht über fossile Energieträger erstmals signifikantes Wachstum und das, was Adam Smith als den Wohlstand der Nationen umschreibt. Der Kapitalismus ist da und mit ihm tritt die Forderung nach immer mehr Wachstum an die Stelle der Suffizienz. In der Folge breitet sich zunehmend Ungleichheit aus, was Adam Smith, diese Randbemerkung sei erlaubt, übrigens selbst vorhergesagt hat.
Unter anderem Adorno und Horkheimer, so Altvater, hätten gegen Ende des Zweiten Weltkriegs auf die Dialektik der Aufklärung hingewiesen und dargelegt, dass die modernen Wirtschafts- und Gesellschaftsformen universal geworden, und der Einzelne den Herrschaftstechniken der modernen Massengesellschaft unterworfen worden sei. Das Fatale daran: Ökonomen, die an das ewige Leben des Kapitalismus glaubten und damit den Fetischismus rund um Geld und Kapital schufen, das es erlaube, in ihrer Gedankenwelt alle Prozesse zu revidieren, während die Prozesse in der wirklichen Welt, also tatsächlich, irreversibel seien.
Beseitigt sich der Kapitalismus selbst?
Konsequenterweise, so Altvater, führe dieser Irrglaube aber langfristig wohl auch zur Lösung des Problems, das erneut mit den fossilen Energieträgern zusammenhänge, von denen wir längst erkannt haben, dass deren zügellose Ausbeutung das Leben auf unserem Planeten gefährde, was aber das Kapital nicht daran hindere, weiterhin in großem Ausmaß in fossile Technologien zu investieren, gleichwohl es unter Aspekten der Wirtschaftlichkeit, der Partizipation und der Klimagerechtigkeit längst vorteilhafter wäre, in Erneuerbare zu investieren. Dieses Verhalten des Kapitals führe in der Folge aber nicht nur zur Klimakrise, sondern überdies auch unmittelbar in eine globale Wirtschafts- und Finanzkrise großen Ausmaßes, zu Konflikten und Kriegen, in deren Folge eine Energethik und die Umgestaltung der Wirtschaft und des Konsums entstehen könne. Allerdings erfordere diese Umgestaltung Zeit und das Selbstverständnis des Menschen als das eines Homo Politicus im Sinne Meister Eckharts.
Die neue Behaglichkeit im Kapitalismus
Die zentrale und richtige Forderung Altvaters nach einem Verständnis des Menschen als dem eines politischen Akteurs, der Umgestaltung aktiv befördert, wurde durch die sich an seine Rede anschließende Diskussion leider stark verwässert, die sich allzu sehr auf individualistische Differenzierungsstrategien im Konsum beschränkte. Going green, but getting nowhere, zu groß ist die Angst vor dem tatsächlichen und womöglich schnellen Ende des Kapitalismus, den man zwar irgendwie schlecht findet, den man aber nur als Gegenspieler von Sozialismus und Kommunismus denken kann, Konzepte, die man irgendwie noch schlechter findet. Und so richtet man sich unter dem Stichwort der Share Economy behaglich in den ökonomischen Nischen des Kapitalismus ein, hofft, dass dadurch alles besser wird und merkt gar nicht, wie sehr die Gedanken der Solidarität und der Empathie, die des Teilens und Gebens hierdurch kapitalisiert werden, wenn man diese Konzepte nicht volkswirtschaftlich und ordnungspolitisch etabliert, wovor man aber wiederum zurückschreckt, weil ja schon der Veggie Day eine unzulässige Bevormundung und damit einen als zu weit gehenden Eingriff in die Freiheitsrechte des Einzelnen darzustellen scheint.
Vielen Dank an den Klimaherbst
Kudos an Kathrin Hartmann, die kurzfristig als Moderatorin einsprang und exzellente Fragen stellte. Leider zu wenige Beiträge von Johannes Schneeweiss, der sicher deutlich mehr zum Thema zu sagen gehabt hätte und dem ich dankbar dafür bin, dass er davor warnte, die Welt in die Guten und die Bösen einzuteilen, weil letztlich wir alle durch unser Verhalten ein längst als überkommen erkanntes System erhalten. Vielen Dank an Frauke Liesenborghs, Mona Fuchs und an alle, die den Klimaherbst durch Rat, Tat und Sponsoring ermöglichen, der dieses Jahr noch bis zum 24. Oktober dauert und dessen vielfältiges Programm wirklich Lust darauf macht, sich den Kapitalismus endlich abzugewöhnen.
(AR)
Das ewige Leben des Kapitalismus
Eine weitere, wesentliche Ursache wird nach Altvater deutlich später gesetzt - und zwar als zweite Revolution, die durch die Nutzung fossiler Energieträger ermöglicht wird: In Verbindung mit Eigentum entsteht nun durch die Verfügungsmacht über fossile Energieträger erstmals signifikantes Wachstum und das, was Adam Smith als den Wohlstand der Nationen umschreibt. Der Kapitalismus ist da und mit ihm tritt die Forderung nach immer mehr Wachstum an die Stelle der Suffizienz. In der Folge breitet sich zunehmend Ungleichheit aus, was Adam Smith, diese Randbemerkung sei erlaubt, übrigens selbst vorhergesagt hat.
Unter anderem Adorno und Horkheimer, so Altvater, hätten gegen Ende des Zweiten Weltkriegs auf die Dialektik der Aufklärung hingewiesen und dargelegt, dass die modernen Wirtschafts- und Gesellschaftsformen universal geworden, und der Einzelne den Herrschaftstechniken der modernen Massengesellschaft unterworfen worden sei. Das Fatale daran: Ökonomen, die an das ewige Leben des Kapitalismus glaubten und damit den Fetischismus rund um Geld und Kapital schufen, das es erlaube, in ihrer Gedankenwelt alle Prozesse zu revidieren, während die Prozesse in der wirklichen Welt, also tatsächlich, irreversibel seien.
Beseitigt sich der Kapitalismus selbst?
Konsequenterweise, so Altvater, führe dieser Irrglaube aber langfristig wohl auch zur Lösung des Problems, das erneut mit den fossilen Energieträgern zusammenhänge, von denen wir längst erkannt haben, dass deren zügellose Ausbeutung das Leben auf unserem Planeten gefährde, was aber das Kapital nicht daran hindere, weiterhin in großem Ausmaß in fossile Technologien zu investieren, gleichwohl es unter Aspekten der Wirtschaftlichkeit, der Partizipation und der Klimagerechtigkeit längst vorteilhafter wäre, in Erneuerbare zu investieren. Dieses Verhalten des Kapitals führe in der Folge aber nicht nur zur Klimakrise, sondern überdies auch unmittelbar in eine globale Wirtschafts- und Finanzkrise großen Ausmaßes, zu Konflikten und Kriegen, in deren Folge eine Energethik und die Umgestaltung der Wirtschaft und des Konsums entstehen könne. Allerdings erfordere diese Umgestaltung Zeit und das Selbstverständnis des Menschen als das eines Homo Politicus im Sinne Meister Eckharts.
Die neue Behaglichkeit im Kapitalismus
Die zentrale und richtige Forderung Altvaters nach einem Verständnis des Menschen als dem eines politischen Akteurs, der Umgestaltung aktiv befördert, wurde durch die sich an seine Rede anschließende Diskussion leider stark verwässert, die sich allzu sehr auf individualistische Differenzierungsstrategien im Konsum beschränkte. Going green, but getting nowhere, zu groß ist die Angst vor dem tatsächlichen und womöglich schnellen Ende des Kapitalismus, den man zwar irgendwie schlecht findet, den man aber nur als Gegenspieler von Sozialismus und Kommunismus denken kann, Konzepte, die man irgendwie noch schlechter findet. Und so richtet man sich unter dem Stichwort der Share Economy behaglich in den ökonomischen Nischen des Kapitalismus ein, hofft, dass dadurch alles besser wird und merkt gar nicht, wie sehr die Gedanken der Solidarität und der Empathie, die des Teilens und Gebens hierdurch kapitalisiert werden, wenn man diese Konzepte nicht volkswirtschaftlich und ordnungspolitisch etabliert, wovor man aber wiederum zurückschreckt, weil ja schon der Veggie Day eine unzulässige Bevormundung und damit einen als zu weit gehenden Eingriff in die Freiheitsrechte des Einzelnen darzustellen scheint.
Vielen Dank an den Klimaherbst
Kudos an Kathrin Hartmann, die kurzfristig als Moderatorin einsprang und exzellente Fragen stellte. Leider zu wenige Beiträge von Johannes Schneeweiss, der sicher deutlich mehr zum Thema zu sagen gehabt hätte und dem ich dankbar dafür bin, dass er davor warnte, die Welt in die Guten und die Bösen einzuteilen, weil letztlich wir alle durch unser Verhalten ein längst als überkommen erkanntes System erhalten. Vielen Dank an Frauke Liesenborghs, Mona Fuchs und an alle, die den Klimaherbst durch Rat, Tat und Sponsoring ermöglichen, der dieses Jahr noch bis zum 24. Oktober dauert und dessen vielfältiges Programm wirklich Lust darauf macht, sich den Kapitalismus endlich abzugewöhnen.
(AR)