In München haben sich am Wochenende mehr als 125 Organisationen der Zivilgesellschaft hinter die Forderungen von #FridaysForFuture München gestellt, die diese am 25. Juni 2019 an den Stadtrat gerichtet haben und in denen sie die Stadt auffordern, 31 Maßnahmen zum Klimaschutz zu treffen, um die Pariser Klimaschutzziele einzuhalten. Die Liste der Organisationen ist lang und ich verzichte darauf, hier einzelne der 125 Organisationen zu nennen, die in einer großen Solidaritätsaktion wirksames klimapolitisches Handeln in München einfordern. Die Kampagne beruht auf ganzseitigen Zeitungsanzeigen in fünf Tageszeitungen, in denen die Solidaritätsbekundung der Organisationen nebst deren Logos abgebildet werden. In den sozialen Medien wird die Kampagne u. a. mit dem Hashtag #muenchenmusshandeln unterstützt.
Neben den vielen positiven Reaktionen auf diese Kampagne, an der sich Zukunftswerk eG, wie ich aus Gründen der Transparenz erwähne, beteiligt hat, gibt es natürlich auch kritische Stimmen. Eine davon greife ich symbolisch heraus, um an diesem Beispiel darzustellen, auf welche Weise vielfach Kritik an Menschen und Einrichtungen geäußert wird, die sich für gesellschaftlich erstrebenswerte Ziele, wie z. B. den Klimaschutz, einsetzen.
Es handelt sich um einen Tweet des CDU-Gemeindeverbandes Brensbach, der wie folgt formuliert ist:
Neben den vielen positiven Reaktionen auf diese Kampagne, an der sich Zukunftswerk eG, wie ich aus Gründen der Transparenz erwähne, beteiligt hat, gibt es natürlich auch kritische Stimmen. Eine davon greife ich symbolisch heraus, um an diesem Beispiel darzustellen, auf welche Weise vielfach Kritik an Menschen und Einrichtungen geäußert wird, die sich für gesellschaftlich erstrebenswerte Ziele, wie z. B. den Klimaschutz, einsetzen.
Es handelt sich um einen Tweet des CDU-Gemeindeverbandes Brensbach, der wie folgt formuliert ist:
Im weiteren Verlauf einer sich hieran anschließenden Diskussion führt der CDU-Gemeindeverband Brensbach noch Folgendes aus:
An diesem Tweet ist gleich Mehreres bemerkenswert:
Intro
Für all die, die nicht wissen, wo Brensbach liegt, Brensbach ist ein Ort mit 5.000 Einwohnern im Landkreis Odenwaldkreis im Regierungsbezirk Darmstadt in Hessen. Der Odenwaldkreis ist mit etwas weniger als 100.000 Einwohnern der bevölkerungsärmste Landkreis Hessens. Er liegt etwa 400 Kilometer entfernt von der Landeshauptstadt München, die mit knapp 1.456.000 Millionen Einwohnern insgesamt bzw. 5.000 Einwohnern je Quadratkilometer die höchste Bevölkerungsdichte aller deutschen Gemeinden aufweist.
Der Twitter-Account des CDU-Gemeindeverbandes Brensbach hat in etwa vier Jahren 65 Follower gesammelt.
Diskreditieren statt diskutieren
Angesichts all dessen ist es durchaus bemerkenswert, dass sich der CDU-Gemeindeverband Brensbach überhaupt mit den Problemen beschäftigt, die die Landeshauptstadt München unter Aspekten des Umwelt- und Klimaschutzes hat. Erstaunlich deshalb, weil (1) die CDU Brensbach nicht Teil der Münchner Stadtgesellschaft ist, weil (2) nicht klar ist, ob die CDU Brensbach überhaupt Kenntnis von den konkreten Themen hat, die die Münchner*innen unter Aspekten des Klimaschutzes beschäftigen oder zu ihrer Lösung vorgeschlagen haben und auch deshalb, weil (3) nicht ersichtlich ist, ob die CDU Brensbach hierzu Lösungsvorschläge hat und bejahendenfalls welche.
Wer aber eine inhaltliche Auseinandersetzung erwartet, wird ohnehin enttäuscht, denn die CDU Brensbach setzt sich nicht im Ansatz mit den Forderungen von #FridaysforFuture München auseinander. Statt dessen greift sie einen der Unterstützer, die Sparda-Bank München eG, heraus und möchte durch als Fragen formulierte Angriffe auf die Bank die Legitimität ihrer Solidaritätsbekundung erschüttern. Frei nach der Argumentation, nur wer als Kreditinstitut die CO2- und Umweltbilanzen all der Einrichtungen kennt, in die er investiert, darf sich für Klimaschutz einsetzen. Und natürlich sollen die Fragen suggerieren, dass mit dem Investitionsverhalten der Sparda-Bank München eG etwas nicht in Ordnung sei, wobei die CDU Brensbach aufgrund der räumlichen Entfernung wahrscheinlich nicht in Erfahrung gebracht hat, dass die Sparda-Bank München eG bereits vor Jahren eine ehrgeizige Klimaschutzstrategie implementiert und weitreichende Maßnahmen im Klimaschutz getroffen hat, die als wirklich vorbildlich anzusehen sind.
Ablenkungsmanöver
Davon abgesehen ist es der CDU Brensbach offensichtlich auch entgangen, dass nicht die Klimapolitik der Sparda-Bank München eG zur Diskussion steht, sondern die der Landeshauptstadt München. Es ist ein - übrigens vor allem in Kreisen der Leugner des Klimawandels - beliebtes Argumentationsmuster, vom eigentlichen Thema, dem weltweiten Klimaschutz, abzulenken, indem die Diskussion auf das Verhalten desjenigen gelenkt wird, der sich für Klimaschutz engagiert. Eine klassische Themaverfehlung. Sätze wie: "Sich für Klimaschutz einsetzen, aber ein Smartphone benutzen.", sind das sichere Anzeichen dafür, dass sich der, der so argumentiert, nicht wirklich mit dem Thema Klimaschutz auseinandersetzen möchte und statt dessen lieber Menschen verächtlich macht, die sich um den Klimawandel sorgen.
Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hat das jüngst schön formuliert. Er plädiert dafür, dass wir "nicht den Einzelnen für die Lösung des Gesamtproblems verantwortlich machen, dass er das Problem etwa durch Verzicht selbst löst, sondern von den Entscheidern die Lösung kraftvoll einfordern." Genau so handelt das Solidaritätsbündnis. Vermutlich ist das der CDU Brensbach aber nicht zu vermitteln.
Herabwürdigung der Akteure
Schließlich aber gehen solchermaßen unsachliche Diskussionsbeiträge fast immer auch mit einer Herabwürdigung sowohl des Ansinnens der Akteure als auch der Akteure selbst einher. Und auch diesem Muster folgt die CDU Brensbach, die im weiteren Verlauf der Diskussion nach ihrem Tweet die Akteure spöttisch als "ihr Helden" herabwürdigt und ihr Ansinnen als "Quatsch" und "Populismus" diskreditiert. Wohlgemerkt, die Herabwürdigung betrifft 125 Akteure der Zivilgesellschaft mit mehreren Tausend Mitgliedern und Mitarbeitenden.
Es passt ins Bild der CDU Brensbach
Die CDU Brensbach greift bei diesem Thema aber offenbar häufiger daneben. So vergleicht sie Bürger*innen, die sich für Klimaschutz sorgen und einsetzen, gerne einmal mit AfD-Anhängern und Rechtspopulisten. So geschehen z. B. in der so genannten Analyse des Wahlergebnisses der CDU Brensbach anlässlich der Europawahl 2019, in der sich die CDU bei den 592 Wählern bedankt und in der sich u. a. die folgenden Passagen finden:
"Wir haben (auch) in der Gemeinde Brensbach einen hohen Wähleranteil, die sich bei der Vergabe ihrer Stimme von Angst- und Panikmache haben leiten lassen. Neben rund 14 % AfD-Anhängern mit dem Thema Migration muss man hier auch ausdrücklich Teile der rund 458 Wähler der Grünen verorten."
Und zum Thema Klimawandel:
"Hier wird das Thema zu einem Weltuntergangsszenario aufgebauscht, wie es die Rechtspopulisten mit dem Flüchtlingsthema in den letzten Jahren nicht besser hinbekommen haben. "
Schlussbetrachtung
Solcherlei unsachliche, herabwürdige, am Thema vorbei argumentierende Beiträge, die einzig das Ziel verfolgen, Akteure, die sich für Klimaschutz einsetzen, verächtlich und lächerlich zu machen, sind leider in der Diskussion rund um den Klimawandel keine Ausnahme. Sie bieten keine Lösungen an, sondern erschöpfen sich in der Diskreditierung von Menschen, die sich für wirksame Maßnahmen im Klimaschutz einsetzen. Wer als Politiker so spricht und handelt, darf sich nicht wundern, wenn die Wähler*innen zu Parteien abwandern, die das Thema Klimaschutz ernst nehmen, auf die politische Agenda setzen und die Akteure, die sich dafür einsetzen, anerkennen, anstatt sie zu verspotten.
Alexander Rossner
Twitter: @alex_rossner
Intro
Für all die, die nicht wissen, wo Brensbach liegt, Brensbach ist ein Ort mit 5.000 Einwohnern im Landkreis Odenwaldkreis im Regierungsbezirk Darmstadt in Hessen. Der Odenwaldkreis ist mit etwas weniger als 100.000 Einwohnern der bevölkerungsärmste Landkreis Hessens. Er liegt etwa 400 Kilometer entfernt von der Landeshauptstadt München, die mit knapp 1.456.000 Millionen Einwohnern insgesamt bzw. 5.000 Einwohnern je Quadratkilometer die höchste Bevölkerungsdichte aller deutschen Gemeinden aufweist.
Der Twitter-Account des CDU-Gemeindeverbandes Brensbach hat in etwa vier Jahren 65 Follower gesammelt.
Diskreditieren statt diskutieren
Angesichts all dessen ist es durchaus bemerkenswert, dass sich der CDU-Gemeindeverband Brensbach überhaupt mit den Problemen beschäftigt, die die Landeshauptstadt München unter Aspekten des Umwelt- und Klimaschutzes hat. Erstaunlich deshalb, weil (1) die CDU Brensbach nicht Teil der Münchner Stadtgesellschaft ist, weil (2) nicht klar ist, ob die CDU Brensbach überhaupt Kenntnis von den konkreten Themen hat, die die Münchner*innen unter Aspekten des Klimaschutzes beschäftigen oder zu ihrer Lösung vorgeschlagen haben und auch deshalb, weil (3) nicht ersichtlich ist, ob die CDU Brensbach hierzu Lösungsvorschläge hat und bejahendenfalls welche.
Wer aber eine inhaltliche Auseinandersetzung erwartet, wird ohnehin enttäuscht, denn die CDU Brensbach setzt sich nicht im Ansatz mit den Forderungen von #FridaysforFuture München auseinander. Statt dessen greift sie einen der Unterstützer, die Sparda-Bank München eG, heraus und möchte durch als Fragen formulierte Angriffe auf die Bank die Legitimität ihrer Solidaritätsbekundung erschüttern. Frei nach der Argumentation, nur wer als Kreditinstitut die CO2- und Umweltbilanzen all der Einrichtungen kennt, in die er investiert, darf sich für Klimaschutz einsetzen. Und natürlich sollen die Fragen suggerieren, dass mit dem Investitionsverhalten der Sparda-Bank München eG etwas nicht in Ordnung sei, wobei die CDU Brensbach aufgrund der räumlichen Entfernung wahrscheinlich nicht in Erfahrung gebracht hat, dass die Sparda-Bank München eG bereits vor Jahren eine ehrgeizige Klimaschutzstrategie implementiert und weitreichende Maßnahmen im Klimaschutz getroffen hat, die als wirklich vorbildlich anzusehen sind.
Ablenkungsmanöver
Davon abgesehen ist es der CDU Brensbach offensichtlich auch entgangen, dass nicht die Klimapolitik der Sparda-Bank München eG zur Diskussion steht, sondern die der Landeshauptstadt München. Es ist ein - übrigens vor allem in Kreisen der Leugner des Klimawandels - beliebtes Argumentationsmuster, vom eigentlichen Thema, dem weltweiten Klimaschutz, abzulenken, indem die Diskussion auf das Verhalten desjenigen gelenkt wird, der sich für Klimaschutz engagiert. Eine klassische Themaverfehlung. Sätze wie: "Sich für Klimaschutz einsetzen, aber ein Smartphone benutzen.", sind das sichere Anzeichen dafür, dass sich der, der so argumentiert, nicht wirklich mit dem Thema Klimaschutz auseinandersetzen möchte und statt dessen lieber Menschen verächtlich macht, die sich um den Klimawandel sorgen.
Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hat das jüngst schön formuliert. Er plädiert dafür, dass wir "nicht den Einzelnen für die Lösung des Gesamtproblems verantwortlich machen, dass er das Problem etwa durch Verzicht selbst löst, sondern von den Entscheidern die Lösung kraftvoll einfordern." Genau so handelt das Solidaritätsbündnis. Vermutlich ist das der CDU Brensbach aber nicht zu vermitteln.
Herabwürdigung der Akteure
Schließlich aber gehen solchermaßen unsachliche Diskussionsbeiträge fast immer auch mit einer Herabwürdigung sowohl des Ansinnens der Akteure als auch der Akteure selbst einher. Und auch diesem Muster folgt die CDU Brensbach, die im weiteren Verlauf der Diskussion nach ihrem Tweet die Akteure spöttisch als "ihr Helden" herabwürdigt und ihr Ansinnen als "Quatsch" und "Populismus" diskreditiert. Wohlgemerkt, die Herabwürdigung betrifft 125 Akteure der Zivilgesellschaft mit mehreren Tausend Mitgliedern und Mitarbeitenden.
Es passt ins Bild der CDU Brensbach
Die CDU Brensbach greift bei diesem Thema aber offenbar häufiger daneben. So vergleicht sie Bürger*innen, die sich für Klimaschutz sorgen und einsetzen, gerne einmal mit AfD-Anhängern und Rechtspopulisten. So geschehen z. B. in der so genannten Analyse des Wahlergebnisses der CDU Brensbach anlässlich der Europawahl 2019, in der sich die CDU bei den 592 Wählern bedankt und in der sich u. a. die folgenden Passagen finden:
"Wir haben (auch) in der Gemeinde Brensbach einen hohen Wähleranteil, die sich bei der Vergabe ihrer Stimme von Angst- und Panikmache haben leiten lassen. Neben rund 14 % AfD-Anhängern mit dem Thema Migration muss man hier auch ausdrücklich Teile der rund 458 Wähler der Grünen verorten."
Und zum Thema Klimawandel:
"Hier wird das Thema zu einem Weltuntergangsszenario aufgebauscht, wie es die Rechtspopulisten mit dem Flüchtlingsthema in den letzten Jahren nicht besser hinbekommen haben. "
Schlussbetrachtung
Solcherlei unsachliche, herabwürdige, am Thema vorbei argumentierende Beiträge, die einzig das Ziel verfolgen, Akteure, die sich für Klimaschutz einsetzen, verächtlich und lächerlich zu machen, sind leider in der Diskussion rund um den Klimawandel keine Ausnahme. Sie bieten keine Lösungen an, sondern erschöpfen sich in der Diskreditierung von Menschen, die sich für wirksame Maßnahmen im Klimaschutz einsetzen. Wer als Politiker so spricht und handelt, darf sich nicht wundern, wenn die Wähler*innen zu Parteien abwandern, die das Thema Klimaschutz ernst nehmen, auf die politische Agenda setzen und die Akteure, die sich dafür einsetzen, anerkennen, anstatt sie zu verspotten.
Alexander Rossner
Twitter: @alex_rossner