Wer über Nachhaltigkeit nachdenkt, denkt über Veränderung nach. Niko Paech gehört zu denen, die über Veränderung nachdenken. Ich habe ihn vor ein paar Wochen auf dem Media Mundo Kongress erlebt und am Wochenende sein neues Buch "Befreiung vom Überfluss - auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie" gelesen.
Paech stellt in seinem Buch zunächst unser Wohlstandsmodell in Frage. Er glaubt erkannt zu haben, dass unser Wohlstand auf Plünderung beruht. Der moderne Mensch, so schreibt Paech pointiert, lebt auf drei Arten über seine Verhältnisse: Er eignet sich Dinge an, die in keinem Verhältnis zu seiner Leistungsfähigkeit stehen. Er entgrenzt seinen Bedarf erstens von den gegenwärtigen Möglichkeiten, zweitens von den eigenen Fähigkeiten und drittens von lokal/regional verfügbaren Rohstoffen. Alle Anstrengungen, so Paech weiter, Wirtschaftswachstum von diesem Phänomen und den damit einher gehenden ökologischen Schäden zu entkoppeln, seien zum Scheitern verurteilt. Auch ein so genanntes qualitatives Wachstum führe stets und ohne Ausnahme zu einem Mehr an Ressourcen- und Energieverbrauch, zumal Dinge, die in dieser Absicht produziert werden, ja zusätzlich zu anderen Dingen hergestellt werden.
Bei all diesen Punkten erfährt Niko Paech meine Zustimmung.
Seine Folgerung lautet, dass eine Postwachstumsökonomie eine drastische Reduktion der industriellen Produktion erforderlich macht. Dies würde sich jedoch, so Paech weiter, förderlich auf die ökonomische Stabilität der Versorgung (Resilienz) auswirken und beim Einzelnen die Aussicht auf mehr Glück eröffnen, wobei dieser Schritt eine Hinwendung sowohl zur Suffizienz als auch zur Subsistenz voraussetzen würde. Wir müssen uns mit weniger Konsum zufrieden geben und wir müssen wieder die Fertigkeiten erlernen, um einen Teil unseres Lebensbedarfs selbst und unmittelbar zu decken. Diese Möglichkeit hätten wir nach Paech, wenn wir unsere wöchentliche Arbeitszeit in etwa halbieren würden, womit auch eine Halbierung unseres Einkommens einher ginge.
Vieles an dem, was Niko Paech feststellt, ist so klar und widerspruchsfrei, dass ich es gerne als Wahrheit annehme. Und ich bin froh, dass Paech die Forderung in den Raum stellt, wir alle müssten unseren Konsum und unsere Mobilität erheblich einschränken. Es ist allerdings eine unpopuläre Forderung. Sie wird nicht viele Menschen in dem Sinne erreichen, dass diese dann auchihr eigenes Verhalten ändern werden. Wie wir wissen, besteht der Bedarf nach Verhaltensänderungen ja typischerweise stets bei den anderen. Und so ist dieeigene Anschaffung des nächsten Autos, Smartphones etc. natürlich stets von diesen Appellen ebenso auszunehmen wie die eigene Fern- oder Flugreise, die man demnächst antreten wird.
Paech verliert mich allerdings, wenn es um die Frage geht, wie Wachstum entsteht und welches die Gründe für zügelloses Wachstum sind. Das ist nicht weiter tragisch, aber es macht für die zu ziehenden Konsequenzen durchaus einen Unterschied, ob der Grund für Wachstum in der Arbeitsteilung vermutet wird (so Paech) oder ob Wachstum nicht vielleicht doch Gründe hat, die eher mit dem Geld als solches zusammen hängen. Man mag Paech zugestehen, dass er einem pragmatischen Ansatz folgt und sich gedanklich nicht (oder nur zum Teil) vom Geld verabschieden möchte. Ich hätte es begrüßt, wenn Paech die Rolle des Geldes in diesem Kontext ein wenig kritischer beleuchtet hätte, anstatt dessen Rolle in seinem Modell einer Postwachstumsgesellschaft annähernd unverändert fortzuschreiben.
Aus meiner Sicht ist das auch der Grund, warum seine Forderung nach einer Hinwendung zu Suffizienz und Subsistenz zwar im Ergebnis richtig, für mich aber unglücklich hergeleitet ist: Für mich gilt es nicht, die Arbeitsteilung und Spezialisierung in Frage zu stellen, ich glaube vielmehr daran, dass der Mensch ein soziales Wesen ist und die Arbeitsteilung eine Vorbedingung für schlaue Kooperationen zwischen Menschen ist. Für mich geht es also darum, die Macht des Geldes über die Menschen zu begrenzen. Sie beschränkt den Menschen auf seine Rollen als Arbeitnehmer und Konsument, so dass es nur konsequent ist, wenn der Mensch dann seine Erfüllung im Konsum sucht und sich ein Glück jenseits des Konsums nicht mehr vorstellen kann.
Ob mir Niko Paechs Begründung im Detail gefällt oder nicht, ändert allerdings nichts daran, dass er eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet, die richtig erscheinen und überdies radikaler klingen als sie eigentlich sind: Seine Vorschläge lauten nämlich übersetzt in etwa, dass wir uns wieder um das Wesentliche kümmern, Konsum und Mobilität nicht mit Glück verwechseln und mit unserer Lebenszeit sinnvoll umgehen sollten.
Paech erwartet keine Unterstützung seiner Ansätze durch die Politik, da seine Forderungen zu unpopulär seien, als dass Politiker sie aufgreifen könnten. Insoweit stimme ich ihm wieder zu: Unsere Politiker werden die letzten sein, von denen ein wesentlicher Impuls in Richtung Nachhaltigkeit ausgehen wird.
(AR)
Bei all diesen Punkten erfährt Niko Paech meine Zustimmung.
Seine Folgerung lautet, dass eine Postwachstumsökonomie eine drastische Reduktion der industriellen Produktion erforderlich macht. Dies würde sich jedoch, so Paech weiter, förderlich auf die ökonomische Stabilität der Versorgung (Resilienz) auswirken und beim Einzelnen die Aussicht auf mehr Glück eröffnen, wobei dieser Schritt eine Hinwendung sowohl zur Suffizienz als auch zur Subsistenz voraussetzen würde. Wir müssen uns mit weniger Konsum zufrieden geben und wir müssen wieder die Fertigkeiten erlernen, um einen Teil unseres Lebensbedarfs selbst und unmittelbar zu decken. Diese Möglichkeit hätten wir nach Paech, wenn wir unsere wöchentliche Arbeitszeit in etwa halbieren würden, womit auch eine Halbierung unseres Einkommens einher ginge.
Vieles an dem, was Niko Paech feststellt, ist so klar und widerspruchsfrei, dass ich es gerne als Wahrheit annehme. Und ich bin froh, dass Paech die Forderung in den Raum stellt, wir alle müssten unseren Konsum und unsere Mobilität erheblich einschränken. Es ist allerdings eine unpopuläre Forderung. Sie wird nicht viele Menschen in dem Sinne erreichen, dass diese dann auchihr eigenes Verhalten ändern werden. Wie wir wissen, besteht der Bedarf nach Verhaltensänderungen ja typischerweise stets bei den anderen. Und so ist dieeigene Anschaffung des nächsten Autos, Smartphones etc. natürlich stets von diesen Appellen ebenso auszunehmen wie die eigene Fern- oder Flugreise, die man demnächst antreten wird.
Paech verliert mich allerdings, wenn es um die Frage geht, wie Wachstum entsteht und welches die Gründe für zügelloses Wachstum sind. Das ist nicht weiter tragisch, aber es macht für die zu ziehenden Konsequenzen durchaus einen Unterschied, ob der Grund für Wachstum in der Arbeitsteilung vermutet wird (so Paech) oder ob Wachstum nicht vielleicht doch Gründe hat, die eher mit dem Geld als solches zusammen hängen. Man mag Paech zugestehen, dass er einem pragmatischen Ansatz folgt und sich gedanklich nicht (oder nur zum Teil) vom Geld verabschieden möchte. Ich hätte es begrüßt, wenn Paech die Rolle des Geldes in diesem Kontext ein wenig kritischer beleuchtet hätte, anstatt dessen Rolle in seinem Modell einer Postwachstumsgesellschaft annähernd unverändert fortzuschreiben.
Aus meiner Sicht ist das auch der Grund, warum seine Forderung nach einer Hinwendung zu Suffizienz und Subsistenz zwar im Ergebnis richtig, für mich aber unglücklich hergeleitet ist: Für mich gilt es nicht, die Arbeitsteilung und Spezialisierung in Frage zu stellen, ich glaube vielmehr daran, dass der Mensch ein soziales Wesen ist und die Arbeitsteilung eine Vorbedingung für schlaue Kooperationen zwischen Menschen ist. Für mich geht es also darum, die Macht des Geldes über die Menschen zu begrenzen. Sie beschränkt den Menschen auf seine Rollen als Arbeitnehmer und Konsument, so dass es nur konsequent ist, wenn der Mensch dann seine Erfüllung im Konsum sucht und sich ein Glück jenseits des Konsums nicht mehr vorstellen kann.
Ob mir Niko Paechs Begründung im Detail gefällt oder nicht, ändert allerdings nichts daran, dass er eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet, die richtig erscheinen und überdies radikaler klingen als sie eigentlich sind: Seine Vorschläge lauten nämlich übersetzt in etwa, dass wir uns wieder um das Wesentliche kümmern, Konsum und Mobilität nicht mit Glück verwechseln und mit unserer Lebenszeit sinnvoll umgehen sollten.
Paech erwartet keine Unterstützung seiner Ansätze durch die Politik, da seine Forderungen zu unpopulär seien, als dass Politiker sie aufgreifen könnten. Insoweit stimme ich ihm wieder zu: Unsere Politiker werden die letzten sein, von denen ein wesentlicher Impuls in Richtung Nachhaltigkeit ausgehen wird.
(AR)